Viele Nachhilfe-Lehrkräfte werden zustimmend nicken, wenn sie hören, dass ich ab und an Schüler habe, die in meinem Unterricht wunderbar den Schulstoff beherrschen, aber trotzdem mit einer schlechten Note in der Klassenarbeit abschneiden. Leider ein sehr bekanntes und zugleich frustrierendes Phänomen. Die Ursachen dafür können an vielen Dingen liegen. Ein Schüler von mir ist ein sehr ehrgeiziger und erfolgreicher Triathlet, der sogar schon einen Sponsor gefunden hat. In seinem Sport würde er nie auf die Idee kommen aufzugeben, aber in Englisch habe ich das Gefühl, dass er für sich beschlossen hat, dass er sich in dem Fach ohnehin nie verbessern kann. Das ist sehr schade und hier ist das Geschick einer guten Nachhilfe gefragt.
Folgende Ursachen und Lösungen gibt es meiner Erfahrung nach:
Üben, üben, üben!
Die Mehrheit der Menschen kommt mit den gleichen Grundvoraussetzungen auf die Welt. Der Körper und vor allem das Gehirn sind vorentwickelt und haben die Aufgabe nach der Geburt zu wachsen und zu gedeihen. Jeder hat biologisch gesehen die gleichen Chancen sein Gehirn optimal entwickeln zu lassen. Gehirnforscher, wie Manfred Spitzer, sind der Meinung, dass man im Grunde alles erlernen kann. Ein wesentlicher Faktor dabei spielt das Üben. Wenn ein Schüler den Unterrichtsinhalt verstanden hat, heißt das noch lange nicht, dass er es auch anwenden kann. Nur mit viel üben und trainieren, prägt sich das Gelernte im Gehirn ein. Schülern, die sportlich veranlagt sind, erkläre ich das häufig am Beispiel von Spitzensportlern, die obwohl sie ihre Sportart beherrschen täglich über einen gewissen Zeitraum lernen. Anderen Schülern erzähle ich, wie Wege und Trampelpfade in einem Wald oder auf einem Feld entstehen. Sie entstehen, indem man konsequent immer und immer wieder den gleichen Weg geht. Macht man das nicht, sorgt die Natur dafür, dass alles wieder zuwächst. Diese greifbaren Beispiele zeigen dem Schüler, dass man stetig arbeiten bzw. trainieren muss, wenn man in einem Gebiet gut sein möchte. Es reicht dabei täglich nur 10min Lernen in einem Gebiet zu investieren und man wird sich langsam aber stetig verbessern.
Angst
Es gibt aber auch Schüler, die so sehr davon überzeugt sind, dass sie in der nächsten Klassenarbeit scheitern, dass die schlechte Note im Grunde schon vorprogrammiert ist. Auch hier gibt es den Fall, dass der Schüler in der Nachhilfe alles problemlos konnte und dennoch eine schlechte Arbeit schreibt.
Diese Schüler muss man stärken. Oftmals haben diese Kinder Angst. Es hilft, wenn man den Schülern erklärt, welche Funktion Angst überhaupt hat. Angst bewirkt, dass der Adrenalinspiegel im Körper ansteigt und das Blut schneller durch den Kreislauf pumpt. Das hat früher Sinn gemacht, als der Mensch noch vor wilden Tieren beim Jagen und Sammeln schnell reagieren und flüchten musste. Heutzutage befindet man sich allerdings in den meisten Fällen nicht in einer lebensbedrohlichen Situation, wenn wir Angst haben. Es macht Sinn, die Schüler zu fragen, ob sie vor irgendetwas Angst haben und wenn ja, was sie befürchten. Hat man darauf eine Antwort bekommen sollte man den Schüler überlegen lassen, was denn schlimmsten Falls passieren kann. Im schlimmsten Fall verpatzt man z.B. eine Klassenarbeit, fällt durch eine Prüfung durch oder muss womöglich eine Klasse wiederholen. All dies sind Situationen, für die es Lösungen gibt oder die einfach nur Zeit kosten; sie bedrohen aber nicht das Leben. Nervosität und Herzklopfen in Prüfungssituationen sind sogar von Vorteil. Sobald das Herz schneller oder stärker schlägt wird auch mehr Blut in das Gehirn gepumpt, was zu einer verbesserten Denkleistung führt. Manchen Schülern reicht es allein diese Tatsachen zu wissen, um weniger verkrampft an die Prüfungsvorbereitung oder die Prüfung selbst heran zu gehen. Ein gelöster Geist kann besser arbeiten und oftmals wird das durch eine gute Note belohnt. Ein verkrampfter Geist dagegen blockiert nur unnötig.
Motivation/ Zielsetzung
Leider hat sich bei vielen Schülern fest verankert, dass es Fächer und Themen gibt, die einem liegen und andere, die einem nicht so liegen. Diese Einstellung resultiert darin, dass der Schüler absolut unmotiviert ist für das jeweilige Fach zu lernen. Es kann sogar passieren, dass ein Schüler komplett abblockt und sich weigert etwas zu tun. Nicht gerade verwunderlich, wenn man bedenkt, dass alle bisherigen Bemühungen sinnlos und vergebens waren. Meine Erfahrung ist, dass die Schüler häufig nicht richtig lernen und deswegen nur negative Resultate erzielen. In solchen Fällen ist es wichtig, dass man das Lernverhalten der Schüler analysiert. Lernt der Schüler in sinnvollen Intervallen (lieber kurz, aber dafür oft)? Wie versucht der Schüler sich Daten/ Fakten/ Formeln/ Vokabeln zu merken? Es ist wichtig, dass man diesen Schülern zeigt, wie sie ihr Lernverhalten besser organisieren können. Häufig finden sich Schüler schnell damit ab, dass sie etwas nicht können und geben vorzeitig auf. Diese Einstellung ist sehr bedauerlich, denn wie ich ja bereits feststellte, kommen alle Kinder mit den gleichen Grundvoraussetzungen auf die Welt. Es gibt unzählige Möglichkeiten ein Problem anzugehen und man muss die Methode finden, die dem Schüler am besten liegt. Der Schüler muss sein Ziel klar formulieren und erkennen welche Wege zum Ziel führen können. Aus diesen wählt der Schüler den für sich sinnvollsten Weg. Sollte sich herausstellen, dass der gewählte Weg nicht zum gewünschten Resultat führt, probiert man einfach den Nächsten. Hilfreich ist an dieser Stelle immer wenn man als Nachhilfe Lehrkraft dem Schüler vor allem zeigt, was er bereits kann. Das ist positive Motivation, die die Schüler stärkt und ihnen Kraft gibt weiter zu arbeiten und nicht aufzugeben.
Selbstvertrauen/ Bestätigung
Dann gibt es da noch die Schüler, die im Grunde jede Aufgabe selbstständig lösen könnten, aber dennoch nach jedem erledigten Schritt sich zurückversichern bei der Lehrkraft, ob die Lösung richtig ist. Diese Schüler trauen sich nicht zu, eine komplette Aufgabe erst einmal selbstständig auszuarbeiten und dann überprüfen zu lassen. Diesen Schülern fehlt Selbstvertrauen. Die Folge ist, dass sie in der Klassenarbeit verunsichert sind, weil sie gar keine Rückantwort bekommen. Die Angst Fehler zu machen sitzt so tief, dass sich grobe Fehler einschleichen oder beim Nachbarn abgeschrieben wird, auch wenn sie wissen, dass dessen Lösung offensichtlich falsch ist. Die Nachhilfe-Lehrkraft sollte bei solchen Schülern besonders darauf hinarbeiten, dass diese lernen sich über einen angemessenen Zeitraum selbst an Problemlösungen zu arbeiten. Diesen Zeitraum kann man dann langsam steigern. Ich nenne es die Eieruhr-Methode. Später im Berufsleben, worauf die Kinder in der Schule ja hinarbeiten, werden sie nicht die Möglichkeit haben sich ständig Zustimmung zu holen. Dort wird Professionalität und Ausdauer verlangt. Der Psychologe Jean Piaget sagte einst: "Wer dem Kind die Lösung eines Problems sagt, betrügt es um seine eigenen Erfahrungen."
Schüler müssen lernen sich selbst zum Lernen zu motivieren (intrinsische Motivation) und nicht erst auf den Impuls von außen (extrinsische Motivation) warten. Schüler lernen heute nicht mehr selber Probleme anzugehen und selbst zu lösen, sondern finden sich damit ab, dass sie etwas nicht können. In der Regel warten sie darauf, dass es ihnen irgendjemand erklärt. Nachhilfe ist für viele Schüler der bequemere Weg in der Schule zu bestehen. Es ist einfacher auf die Nachhilfe-Lehrkraft zu warten, die einem schon sagt, wie etwas gemacht wird. Der private Nachhilfe-Sektor ist zwar eine Dienstleistung, aber den Schülern ist langfristig nicht geholfen, wenn man ihnen die Lösung von Problemen stets serviert und sie nicht dazu animiert selbst an Lösungen zu arbeiten.
Selbstständigkeit verhindert Angst und führt zu verstärkter Leistung. Wir können den Schülern dazu verhelfen, in dem wir ihnen ein positives Feedback geben und sie dazu anstiften Problemen nicht aus dem Weg zu gehen oder sich mit ihnen abzufinden, sondern sie anzugehen. (siehe auch "Das Sorgenpüppchen")
asd
AntwortenLöschen